Der Zusammenhang von Migräne und Darm
Eine Migräne kommt selten allein: Häufig begleiten sie Übelkeit oder Magen- und Darmkrämpfe. Das ist nicht verwunderlich, denn unser Gehirn und unser Darm stehen in Verbindung. Dieses System wird Darm-Hirn-Achse genannt und spielt bei vielen Erkrankungen eine Rolle. Der Darm scheint auch bei Migräne Bedeutung zu haben.
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Der Zusammenhang von Migräne, Verdauungsbeschwerden und Magenschmerzen
Migräne schlägt häufig auf den Bauch: Übelkeit und Erbrechen sind typische Begleiterscheinungen einer Attacke. Andere Probleme im Verdauungstrakt tauchen bereits vor den Kopfschmerzen auf, beispielsweise Heißhunger, Verstopfung und Harndrang.1
Magen und Darm scheinen bei Menschen mit Migräne nicht nur vor und während einer Attacke Probleme zu machen. Migräne-Patienten haben häufiger Verdauungsbeschwerden oder Reflux als andere Personen, beispielsweise in Form eines Reizdarm-Syndroms – wobei nicht klar ist, ob Migräne den Reizdarm auslöst oder umgekehrt.1, 2
Eine weitere Verknüpfung von Migräne und Magen-Darm-Trakt ist die sogenannte Bauchmigräne, auch abdominelle Migräne genannt. Darunter versteht man durch Migräne bedingte Magenschmerzen und Bauchkrämpfe, die regelmäßig in Anfällen auftreten und eine Stunde, aber auch mehrere Tage dauern können. Bei Erwachsenen ist diese Migräne-Form selten, eher Kinder und Jugendliche plagen sich damit. Die Bauchmigräne kann in der Pubertät verschwinden oder in eine Kopfschmerz-Migräne übergehen.3
Kopf und Bauch hängen also zusammen und können sich beeinflussen. Mediziner sprechen von der Darm-Hirn-Achse.
Die Darm-Hirn-Achse: Verbindung zwischen Kopf und Bauch
Der Kopf steuert unser Verdauungssystem. Bist du beispielsweise nervös, wird dir übel, vielleicht bekommst du auch Durchfall. Und bist du verliebt, fühlst du Schmetterlinge im Bauch tanzen. Andersherum meldet das Verdauungssystem dem Gehirn zum Beispiel, ob wir satt oder hungrig sind. Und melden Magen oder Darm Giftstoffe, löst das Gehirn Erbrechen oder Durchfall aus, um diese loszuwerden.
Gehirn und Darm kommunizieren permanent miteinander über die Darm-Hirn-Achse. Eine Störung der Darm-Hirn-Achse wird mit unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Angststörungen und Migräne.2, 4
Migräne durch Bakterien und Entzündungen
Passt im Verdauungstrakt etwas nicht, spürst du das möglicherweise im Kopf: Entzündungen im Magen-Darm-Bereich führen bei vielen Menschen zu Kopfschmerzen und begünstigen Migräne.
Zum Beispiel haben manche Migräne-Patienten, die mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert waren, nach der Behandlung des Bakteriums deutlich leichtere, weniger oder sogar gar keine Migräne-Attacken mehr.1, 5 Helicobacter pylori führt zu entzündeter Magenschleimhaut. Anzeichen für eine Infektion können Völlegefühl, Bauchschmerzen oder Übelkeit sein.6
Auch die entzündliche Autoimmunkrankheit Zöliakie hängt mit Migräne zusammen. Bei Menschen mit Zöliakie löst der Verzehr von Weizenprodukten Entzündungen im Dünndarm aus. Sie haben häufiger mit Migräne zu kämpfen als Menschen ohne Zöliakie.7 Ähnlich geht es Patienten mit der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn.1, 8
Über welche Mechanismen Entzündungen im Magen-Darm-Trakt Migräne begünstigen, ist noch nicht endgültig geklärt. Eine Theorie ist die „Leaky-Gut“-Hypothese, frei übersetzt mit Durchlässiger-Darm-Hypothese. Die Vermutung: Entzündliche Veränderungen im Darm machen ihn durchgängiger, Giftstoffe können in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungen an Blutgefäßen im Gehirn auslösen.1, 8
Ein gesundes Verdauungssystem kann deiner Migräne guttun. Immer mehr Forschung deutet etwa darauf hin, dass die Darmflora – darunter versteht man die Mikroorganismen, die deinen Darm besiedeln, darunter Bakterien, Pilze und sogenannte Protozoen – Schmerzwahrnehmung beeinflussen kann.9
Bei Migränikern scheint die Darmflora verändert zu sein. Eine Studie untersuchte die Zusammensetzung der Darm-Mikroorganismen von Menschen mit episodischer Migräne, mit chronischer Migräne und ohne Migräne. Das Ergebnis: Alle Gruppen unterscheiden sich in der Zusammensetzung ihrer Darmflora. Manche Bakterienarten sind bei besonders vielen Migräne-Patienten vertreten, andere eher bei der Gruppe ohne Migräne. Ob und wie manche Bakterien Migräne beeinflussen, ist bisher nicht erforscht.2
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Probiotika gegen Migräne
Du kannst deiner Darmflora jeden Tag etwas Gutes tun, indem du dich ausgewogen ernährst. Denn was wir essen, wirkt sich auf die Zusammensetzung der Mikroorganismen in unserem Darm aus. Und wenn diese mit Migräne zusammenhängen, können dann Probiotika helfen, Migräne vorzubeugen? Vielleicht. Studien können dies nicht eindeutig beweisen: Manche Forscher berichten, dass die Einnahme von Probiotika Migräne-Anfälle reduziert. Andere können diese Ergebnisse nicht bestätigen.1, 2, 8
Probiotika bestehen aus lebenden, ungefährlichen Mikroorganismen, welche die körpereigene Darmfunktion unterstützen. Sie stecken beispielsweise in Joghurt, Quark und fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut. Probiere aus, sie in deinen Speiseplan zu integrieren. Aber Achtung: Fermentiertes kann reich an Tyramin sein – und das wiederum triggert bei manchen Menschen Migräne-Attacken. Ist das bei dir der Fall, kannst du deine Darm-Mikroorganismen anders unterstützen, etwa mit Ballaststoffen aus Blattgemüse, Hülsenfrüchten oder Beerenobst.
Fazit: Kümmere dich um deinen Darm
Wie Migräne und Darmgesundheit genau zusammenhängen, ist noch nicht abschließend erforscht. Es ist in jedem Fall eine gute Idee, sich um ein gesundes Verdauungssystem zu bemühen. Selbst wenn dies nur indirekt einen Effekt auf deine Migräne hat, hast du etwas davon: Je weniger Bauchschmerzen oder Durchfälle dich stressen, desto besser. Denn Stress löst häufig Attacken aus.
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Quellen
1Straube A., Ruscheweyh R. (2020). Migräne und der Gastrointestinaltrakt. Nervenheilkunde, 39(01/02), 26–30. doi:10.1055/a-1037-2289
2Yong D., Lee H., Min H. G. et al. (2023) Altered gut microbiota in individuals with episodic and chronic migraine. Sci Rep 13(626). doi:10.1038/s41598-023-27586-4
3Azmy D. J., Qualia C. M. (2020) Review of Abdominal Migraine in Children. Gastroenterol Hepatol (N Y). 16(12):632-639. Abgerufen unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8132691/ (Stand: 22.04.2024)
4Arzani, M., Jahromi, S.R., Ghorbani, Z. et al. Gut-brain Axis and migraine headache: a comprehensive review. J Headache Pain 21, 15 (2020). https://doi.org/10.1186/s10194-020-1078-9
5Sethia S., Batool T., Bambhroliya Z., Sandrugu J. S., Lowe M., Okunlola O., Raza S., Osasan S., Hamid P. (2023) Association Between Helicobacter pylori Infection and Migraine: A Systematic Review. Cureus. 31;15(7). doi: 10.7759/cureus.42747
6Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin : Helicobacter-Infektion – Was haben Magenbeschwerden mit Bakterien zu tun? Abgerufen unter: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/helicobacter-infektion (Stand: 16.04.2024)
7Fanaeian M. M., Alibeik N., Ganji A., Fakheri H., Ekhlasi G., Shahbazkhani B. (2021) Prevalence of migraine in adults with celiac disease: A case control cross-sectional study. PLoS One 17;16(11). doi: 10.1371/journal.pone.0259502
8He Q., Wang W., Xiong Y. et al. (2023) A causal effects of gut microbiota in the development of migraine. J Headache Pain 24, 90. https://doi.org/10.1186/s10194-023-01609-x
9Guo R., Chen L-H., Xing C., Liu T. (2019) Pain regulation by gut microbiota: molecular mechanisms and therapeutic potential. BJA, 123(5):637-654. doi: https://doi.org/10.1016/j.bja.2019.07.026