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Medikamenteninduzierter Kopfschmerz: Kopfschmerzen durch zu viele Schmerzmittel

Migräne-Patienten nehmen Schmerzmittel, in der Hoffnung die starken Kopfschmerzen damit einzudämmen. Bei einem Übergebrauch können sie allerdings in einen Teufelskreis geraten, der geprägt ist von noch häufigeren – nun von den Schmerzmitteln verursachten – Kopfschmerzen. Mediziner sprechen dann vom medikamenteninduzierten Kopfschmerz (englisch Medication Overuse Headache: MOH). Was passiert, wenn man zu viele Schmerztabletten nimmt, und welche Therapiemöglichkeiten es gibt, erfährst du in diesem Artikel.

Inhalt

Symptome des Schmerzmittel-Übergebrauchs

Wann liegt ein Medikamentenübergebrauch vor?

Gründe für Schmerzmittel-Übergebrauch

Diagnose

Behandlung

Vorbeugung

Schmerzmittel-Übergebrauch: Nebenwirkungen

Medikamenteninduzierter Kopfschmerz nach Medikamentenübergebrauch
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Symptome des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes

Bei einem medikamenteninduzierten Kopfschmerz macht sich der Körper mit typischen Symptomen bemerkbar:

  • täglicher Dauerkopfschmerz (bei 80 Prozent der Betroffenen)1
  • Kopfschmerzen an mehr als 20 Tagen pro Monat (bei 20 Prozent der Betroffenen)2
  • Schmerzcharakter des Kopfschmerzes: dumpf-drückend oder sowohl dumpf als auch pulsierend

Oftmals begleiten die Kopfschmerzen durch Schmerzmittel Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Vergesslichkeit, seelische Verstimmungen und Schlafstörungen.

Wichtig: 

Ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz kann prinzipiell von allen Arten an Schmerzmitteln ausgelöst werden.

Die Symptome des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes sind denen von Spannungskopfschmerzen ähnlich, auch eine Migräne äußert sich meist entsprechend. Daher fällt es oft nicht leicht, herauszufinden, ob es sich bei den Beschwerden um gewöhnliche oder medikamenteninduzierte Kopfschmerzen handelt.

Was spricht für die medikamenteninduzierte Form? Zum einen verändert sich bei vielen Betroffenen die Schmerzqualität: Fühlt sich die Migräne eher pulsierend und hämmernd an, ist der Kopfschmerz durch Schmerzmittel eher drückend-dumpf. Die Begleitsymptome können schwächer ausfallen als sonst. Ein weiterer Hinweis ist, dass die Kopfschmerzen zunehmend länger anhalten und schlecht auf die Behandlung durch Schmerzmittel reagieren. Patienten beklagen sich darüber, dass sie ihren Kopf nicht mehr frei bekommen.

Welche Schmerzmittel lösen welche Symptome aus?

Es können Unterschiede in den Symptomen für einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz bestehen, je nachdem, welches Schmerzmittel übermäßig eingenommen wird:

  • Triptane: Patienten berichten von einer Zunahme von Migräne-Attacken oder täglichen migräneähnlichen Kopfschmerzen. Die Beschwerden treten vornehmlich einseitig auf und verstärken sich bei Bewegung.
  • Analgetika: Zu den Analgetika zählen Wirkstoffe wie Paracetamol, ASS (Acetylsalicylsäure), Ibuprofen, aber auch Opioide. Hierbei zeigen sich die Schmerzen eher drückend und beidseitig.

Oftmals nehmen Betroffene immer mehr Medikamente ein, um die Kopfschmerzen zu lindern. Dies ist ein Teufelskreis, da sie dadurch stetig häufiger werden können.

Wann liegt ein Medikamentenübergebrauch bei Kopfschmerzen vor?

Das Problem ist kein unbekanntes: Circa 15 Prozent aller Kopfschmerzpatienten entwickeln irgendwann in ihrem Leben einen Medikamentenübergebrauch.3 Von einem Übergebrauch sprechen Mediziner, wenn

  • Schmerzmittel (Analgetika) an 15 oder mehr Tagen pro Monat oder
  • Triptane, Kombinationspräparate (zum Beispiel aus ASS, Ibuprofen und Koffein) oder Opioide an zehn oder mehr Tagen pro Monat eingenommen werden.4

Dabei kommt es lediglich darauf an, wie oft der Patient das Arzneimittel einnimmt, unabhängig von der Dosis.

Wichtig zu wissen

Um einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz zu verhindern, sollten die oben genannten Obergrenzen von 10 beziehungsweise 15 Tagen nicht überschritten werden. Versuche, wenn möglich, auf nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden auszuweichen. Nimm keinesfalls wochen- und monatelang Medikamente ein, ohne die Ursache der Schmerzen zu kennen oder einen Arzt zu konsultieren.

Gründe für den Schmerzmittel-Übergebrauch bei Migräne

Warum werden überhaupt zu viele Schmerzmittel eingenommen? Ein Grund: Apotheken bieten eine große Zahl an freiverkäuflichen Schmerzmitteln – in Deutschland gehören sie zu den am häufigsten verordneten oder für die Eigenbehandlung verkauften Arzneien.5 Dieser Umstand führt dazu, dass einige Verbraucher die Präparate unterschätzen. Es ist ihnen nicht bewusst, dass diese auch zu Schäden führen können.

Ein weiterer Auslöser ist, dass Migräne-Patienten mitunter ausgeprägte Angstgefühle vor der nächsten Attacke entwickeln. Sie fürchten zum Beispiel,

  • dass sie im Familien- oder Berufsleben ausfallen,
  • vorübergehend nicht für ihre Kinder sorgen können,
  • nicht an gemeinsamen Aktivitäten teilnehmen können oder
  • dass Konsequenzen seitens des Arbeitgebers aufgrund häufiger Fehlzeiten drohen.

Um das zu umgehen, nehmen sie die Schmerzmittel zum Teil voreilig oder präventiv. Die Folge: Es schleicht sich über die Zeit ein regelmäßiger Gebrauch der Arzneien ein, das Risiko für medikamenteninduzierte Dauerkopfschmerzen steigt.

Die Grafik zeigt einen Teufelskreis des medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzes

Diagnose von Kopfschmerzen durch Schmerzmittel

Nicht selten bestehen Kopfschmerzen aufgrund eines Übergebrauchs an Schmerzmitteln jahrelang. Denn viele Betroffene wissen gar nicht, dass sie durch die Medikamente ihre Beschwerden mitverursachen und ihr Kopfschmerz medikamenteninduziert ist. Besteht allerdings der Verdacht, dass zu viele Schmerzmittel verwendet werden, sind folgende Punkte wichtig:

  • Ehrlichkeit mit sich selbst: Betroffene müssen sich bewusst machen, wie viele Schmerzmittel sie einnehmen. Sollten sie darüber den Überblick verloren haben, hilft es, ein Migränetagebuch zu führen. Darin können sie Medikamente, Dosierung und Häufigkeit der Einnahme eintragen.
  • Ehrlichkeit mit dem Arzt: Möglicherweise fällt es schwer, gegenüber dem behandelnden Arzt zuzugeben, wie häufig tatsächlich Schmerzmittel benutzt werden. Betroffene sollten sich eines vor Augen halten: Niemand wird sie verurteilen und gedankenlos als medikamentenabhängig abstempeln. Nur wenn der Arzt Bescheid weiß, welche Medikamente sie wie oft einnehmen, kann er bei Verdacht auf medikamenteninduzierten Kopfschmerz die richtigen Behandlungsmethoden in die Wege leiten. Die offene Kommunikation mit einem Arzt des Vertrauens ist daher besonders wichtig.

Ein Mediziner kann mit einer ausführlichen Befragung gut feststellen, ob der Patient an medikamenteninduzierten Kopfschmerzen leidet. Dafür stellt er Fragen zu der Medikamentennutzung und den Beschwerden. Ferner erfolgen manchmal körperliche Untersuchungen. Dabei testet der Arzt, ob Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich vorliegen. Außerdem misst er den Blutdruck und kann eine Blutuntersuchung veranlassen.

Da Schmerzmittel zudem Nebenwirkungen wie Magenschleimhautentzündungen auslösen können, wird er bei entsprechenden Beschwerden auch hier genauer nachsehen. Wenn unklar ist, woher die Dauerkopfschmerzen rühren, kann er bildgebende Verfahren wie ein MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie) durchführen.

Behandlung von medikamenteninduzierten Kopfschmerzen

Die gute Nachricht zuerst: Kopfschmerzen durch einen Übergebrauch an Schmerzmitteln lassen sich gut therapieren. Dafür steht ein Stufenplan zur Verfügung, der eine Erfolgsrate von 50 bis 70 Prozent nach sechs bis zwölf Monaten aufweist.6

So läuft das Behandlungsschema ab:

  1. Aufklärung: Dabei werden die Patienten geschult, sodass sie den Zusammenhang zwischen der Schmerzmitteleinnahme und den Kopfschmerzen verstehen. Oft reicht es schon, wenn ihnen dieser bewusst wird. Viele ändern anschließend ihre Gewohnheiten und reduzieren den Medikamentenkonsum.
  2. Prophylaxe: Reicht die Schulung nicht aus, kommen spezielle Arzneimittel zum Einsatz, die Migräne vorbeugen sollen. Zudem werden zusätzlich nicht-medikamentöse Therapien wie Entspannungsverfahren integriert.
  3. Entzug: Eine kontrollierte Medikamentenpause kann ambulant oder stationär erfolgen. Nehmen die Patienten übermäßig Analgetika oder Triptane ein, sollen sie ab einem bestimmten Zeitpunkt komplett darauf verzichten. Opioide werden ausgeschlichen, also langsam reduziert. Als Nebenwirkung eines Entzugs entwickeln viele Patienten einige Tage Symptome wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Ängste. Diese lassen sich jedoch durch spezielle Arzneimittel behandeln.

Wenn die Therapie erfolgreich war, ist das für die Betroffenen meist ein großer Schritt. Nun gilt es, nicht wieder rückfällig zu werden. Denn das ursprüngliche Kopfschmerzleiden besteht in der Regel noch immer. In enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt müssen nun Wege erarbeitet werden, wie eine optimale Behandlung oder Vorbeugung erfolgen kann.

Wie lassen sich medikamenteninduzierte Kopfschmerzen vermeiden?

Damit ein Schmerzmittel-Übergebrauch erst gar nicht entsteht, empfehlen Experten, durch verschiedene Maßnahmen vorzubeugen. Dazu gehören beispielsweise

  • Ausdauersport
  • Verhaltenstherapie
  • Entspannungsverfahren
  • Stressmanagement

Zudem können auch Medikamente Verwendung finden, die zur Vorbeugung von Migräne eingesetzt werden. Eine engmaschige medizinische Betreuung bietet sich bei Patienten an, die ein Risiko haben, wieder rückfällig zu werden (vor allem bei der übermäßigen Einnahme von Opioiden).

Nebenwirkungen durch die Einnahme von zu vielen Schmerzmitteln

Schaffen Patienten den Absprung nicht, sondern nehmen über einen längeren Zeitraum zu viele Schmerzmittel ein, können neben den medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzen verschiedene Nebenwirkungen auftreten:

  • Entzündungen der Magenschleimhaut
  • Geschwüre der Magenschleimhaut oder des Zwölffingerdarms
  • depressive Verstimmungen
  • Nierenleiden
  • Bluthochdruck

Zusätzlich werden oftmals weitere Arzneimittel eingenommen, beispielsweise Nasenspray, Schlaf-, Abführ- oder Beruhigungsmittel. Diese können wiederum weitere Nebenwirkungen auslösen.7

Was passiert bei Medikamentenübergebrauch im Körper?

Warum genau eine übermäßige Einnahme von Schmerzmitteln zu Dauerkopfschmerzen führen kann, diskutieren derzeit Fachleute. Vermutlich setzen die Mittel die Empfindlichkeit bestimmter Strukturen im Gehirn herab – es gewöhnt sich quasi an die erhöhte Konzentration der Medikamente im Körper. Zusätzlich wird die Schmerzwahrnehmung des Gehirns fehlreguliert. Schmerzinformationen werden dabei ungebremst weitergeleitet, die Schwelle wird immer geringer.8 Irgendwann genügen selbst minimale Reize, um ein Schmerzempfinden auszulösen – eine übermäßige Schmerzwahrnehmung ist entstanden.

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Quellen

1Schmerzklinik Kiel: Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen. Abgerufen unter: http://www.schmerzklinik.de/wp-content/uploads/2009/02/295-314.pdf (Stand: 05.03.2024).
2Ebd.
3Göbel, Hartmut: Kopfschmerzen: Ursachen, Mechanismen, Diagnostik und Therapie in der Praxis. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag 32021. S. 126.
4Diener, H.-C. u. a.: Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2018, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Abgerufen unter: https://dgn.org/leitlinien/ll-030-131-kopfschmerz-bei-uebergebrauch-von-schmerz-oder-migraenemitteln-2018/ (Stand: 05.03.2024). S. 7.
5Stiftung Warentest: Schmerzmittel im Test. Diese Medikamente helfen – mit und ohne Rezept. Abgerufen unter: https://www.test.de/Kopfschmerz-und-Migraene-Diese-Mittel-helfen-1400988-2400988/ (Stand: 05.03.2024).
6Diener, H.-C. u. a.: Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2018, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Abgerufen unter: https://dgn.org/leitlinien/ll-030-131-kopfschmerz-bei-uebergebrauch-von-schmerz-oder-migraenemitteln-2018/ (Stand: 05.03.2024). S. 4.
7Schmerzklinik Kiel: Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen; Abgerufen unter: http://www.schmerzklinik.de/wp-content/uploads/2009/02/295-314.pdf (Stand: 05.03.2024).
8Nobis, Hans-Günter (Hg.): Schmerz – eine Herausforderung. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag 22016. S. 7.