So bringst du Migräne und Familie unter einen Hut
Eine Migräne-Attacke wirft Betroffene meist ganz schön aus der Bahn – oft ist der Rückzug in ein abgedunkeltes, ruhiges Zimmer der einzige Weg, die Schmerzen auszuhalten. Doch was, wenn Kinder betreut werden müssen? Oder andere familiäre Verpflichtungen rufen? Ein Notfallplan, ein unterstützendes Netzwerk oder gar Haushaltshilfen sind wichtige Bausteine für den Alltag. Familie und Migräne: Wie du das gestalten kannst, liest du hier.
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Familie und Migräne: Kommunikation ist alles
Der Alltag mit Job, Kindern und Haushalt löst bei vielen Menschen Stress aus. Es ist eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bekommen. Die Situation verschärft sich noch einmal deutlich, wenn Familie und Migräne aufeinandertreffen.
Die Erkrankung legt sich oft wie ein Schatten über die Familie. Schuldgefühle, Verzweiflung, aber auch Wut und Enttäuschung sind typische Gefühle, sowohl bei den Betroffenen selbst als auch bei den Familienmitgliedern. Eine Schmerzattacke tritt meist plötzlich und unvorhergesehen auf, sodass zuvor geplante Freizeitaktivitäten und der Alltag gehörig ins Wanken geraten. Beispielsweise müssen Termine verlegt oder abgesagt werden. Zuweilen kann es vorkommen, dass man wichtige Familienfeiern absagen muss oder eine Vorführung seiner Kinder nicht besuchen kann. Für die Betroffenen ist es auch schlimm, wenn sie mit ihren Kindern und der Migräne-Attacke allein sind, da der Partner arbeitet und sonst keine Betreuung organisiert werden kann.
Ein weiteres Problem: Vor allem bei den Kleinen führt die Migräne der Mutter oder des Vaters oft zu Unverständnis. Sie beziehen das Geschehen unter Umständen auf sich und hinterfragen, ob sie Schuld an der Schmerzattacke haben. Kinder reden sich leicht ein, dass ihr Verhalten zu den Schmerzen geführt hat. Ganz wichtig ist es dann,
- die Sorgen ernst zu nehmen und
- in der Familie offen darüber zu sprechen.
Versuche deinem Nachwuchs zu vermitteln, warum du bei einer Migräne-Attacke dringend Ruhe benötigst und dich deshalb zurückziehst. Eventuell helfen Vergleiche, damit sich deine Kinder die Situation besser vorstellen können. Sage zum Beispiel, dass Mama (oder Papa) ein Schmerzmonster im Kopf hat, das sich nur mit viel Ruhe vertreiben lässt. Betone unbedingt, dass die Kinder keine Schuld an der Situation haben und gehe darauf ein, ob du lieber allein sein oder deine Familie zur Sicherheit bei sich haben möchtest.
Auch wenn es schwerfällt: Belaste dich gegenüber deinen Kindern nicht zusätzlich mit einem schlechten Gewissen, wenn du wegen der Migräne ausfällst.
Tipps zur Bewältigung des Alltags bei Migräne
Egal, ob die Migräne ein- bis zweimal im Monat auftrifft oder chronisch ist: Es braucht einen Plan, auf dem du festhältst, welche Aufgaben wie verteilt werden können. Das gibt auch den Angehörigen von Migränepatienten ein Stück weit Sicherheit. Weitere Tipps zur Vorbeugung und welchen wichtigen Einfluss die eigene Einstellung auf die Krankheit hat, lies im Folgenden.
Familie und Migräne: Ein Notfallplan muss her
In einem Notfallplan hältst du fest, wer welche Verpflichtungen im Haushalt übernimmt, die Kinder zur Kita bringen und abholen kann oder bei den Hausaufgaben hilft, wenn ein Elternteil Migräne hat. Am besten berücksichtigst du jeden Wochentag einzeln, sodass du direkt sehen kannst, wann wer einspringen kann.
Stell dir beim Plan für Familien und Migräne folgende Fragen:
- Welche Aufgaben sind wichtig und können nicht verschoben werden? Wer kann diese übernehmen? Welche Verpflichtungen haben so lange Zeit, bis die Migräne vorüber ist?
- Wer kann die Kinder in den Kindergarten oder die Schule bringen beziehungsweise abholen, wenn die Migräne Mama oder Papa ins Bett zwingt und der Partner berufstätig ist?
- Können die Großeltern, andere Verwandte, befreundete Familien oder Nachbarn im Notfall einspringen und die Betreuung der Kinder übernehmen?
Hilfreich dafür ist ein Netzwerk aus Freunden und Verwandten. Vor allem mit kleinen Kindern solltest du versuchen, dich regelmäßig mit denselben anderen Familien zu treffen. So kennt dein Kind die Leute und fremdelt nicht, wenn es kurzfristig dorthin gehen soll. Beziehe auch die Erzieher aus Kindergarten und Hort mit ein und sprich offen offen über deine Migräne. Eventuell ist es möglich, dass dein Kind an Migräne-Tagen länger in der Einrichtung bleiben kann, zum Beispiel, bis der Partner mit seiner Arbeit fertig ist.
Tipp für Familie und Migräne: Es ist nicht immer leicht, sich ein gutes Netzwerk aufzubauen. Viele Städte bieten dafür Hilfen an. In Familienstützpunkten beispielsweise lassen sich Kontakte knüpfen und Babysitter oder „Leih-Omas“ finden, die gern auf Kinder aufpassen. Wichtig hierbei: Traue dich und nimm Hilfe an! Denke daran, dass es deiner Familie gut tun wird.
Ebenfalls wesentlich: Sprich mit deinem Arzt, wann und wie du Medikamente zur Migräne-Behandlung einnehmen kannst, damit diese möglichst gut anschlagen.
Trigger kennen und vermeiden
Möglicherweise sind dir deine persönlichen Migräne-Trigger bekannt, also die Dinge, die bei dir zu einer Attacke führen. Wenn nicht, dann solltest du für eine Weile ein Migränetagebuch führen. Damit lässt sich meist gut herauskristallisieren, welche Auslöser vorliegen.
Geh deinen Migräne-Triggern so gut es geht aus dem Weg – bei manchen Betroffenen ist das einfacher, bei anderen schwerer.
Stress reduzieren und Freiräume schaffen
Einige Eltern erschweren sich selbst das Leben, indem sie alles perfekt machen wollen: Die Wohnung immer blitzsauber, viel Zeit mit den Kindern verbringen und täglich gesund Kochen sind nur einige Beispiele. Vor allem wenn Familie und Migräne regelmäßig unter einen Hut gebracht werden müssen, solltest du dich besser von Perfektionismus verabschieden. Denn das kann Stress deutlich reduzieren. Eine unaufgeräumte Wohnung, ein Käsebrot zum Abend oder die Kinder mal länger fernsehen lassen sind erlaubt und schaden auch niemandem.
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Versuch dich auf wirklich wichtige Dinge zu konzentrieren und nutze deine Zeit, um dir Freiräume für dich allein oder mit deinem Partner zu schaffen. Mit eigenen Hobbys, regelmäßigen Auszeiten und viel Zeit mit der Familie in der Natur steigerst du dein Wohlbefinden und beugen möglicherweise einer Migräne vor.
Die richtige Einstellung für Familie und Migräne
Wer die Gewissheit hat, dass Familie und Bekannte hinter ihm stehen, macht sich automatisch weniger Sorgen, bei einer Schmerzattacke nicht wie sonst zu funktionieren. Lege übertriebenen Perfektionismus ab und übe das Neinsagen. Dazu gehört auch, sich Bedenkzeit zu nehmen, wenn du jemanden um einen Gefallen bittest. So bist gegen inneren Druck und Migräne durch Stress besser gewappnet. Angehörige von Migränepatienten sollten besonders sensibel sein und verständnisvoll reagieren.
Außerdem wichtig: Ziehe dich aus Angst vor der nächsten Migräne-Attacke nicht aus dem Freizeitgeschehen zurück, das vor allem Spaß bereiten sollte. Versuche der Migräne nicht zu viel Platz in deinem Leben einzuräumen. Gerade in schmerzfreien Zeiten ist es wichtig, durch positive Erlebnisse die Lebensfreude zu erhalten.
Schließlich ist es ratsam, seine Situation zu akzeptieren. Auch wenn es schwerfällt, manchmal müssen Dinge liegen bleiben oder gar ausfallen. Setz dich nicht selbst unnötig unter Druck.
Akute Migräne und allein mit den Kindern: Was tun?
Halte für den Fall, dass du trotz einer Migräne-Attacke auf Kinder aufpassen musst, ebenfalls ein paar Notlösungen parat.
- Greife auf spezielles und beliebtes Spielzeug zurück, das die Kinder nur dann bekommen, wenn du mit Kopfschmerzen flach liegst. Das können zum Beispiel Bastelsets, elektronische Spielsachen oder Puzzles sein.
- Hörbücher eignen sich ebenfalls gut, Kinder eine Weile zu beschäftigen.
- Hab kein schlechtes Gewissen, wenn du deine Kinder länger als gewöhnlich fernsehen lassen. Achte jedoch darauf, dass sie nur altersgerechte Sendungen sehen.
Je jünger die Kinder sind, desto schwerer beschäftigen sie sich allein. Versuch dann zumindest, ruhige Spiele anzuregen.
Finde hier weitere nützliche Tipps gegen Migräne.
Migräne im Alltag vorbeugen
Vielen Menschen mit Migräne hilft es, einen regelmäßigen Tagesablauf einzuhalten. Strukturen und Routinen unterstützen die ganze Familie, um sich im Alltag zurechtzufinden und können Konflikte verhindern. Zudem kann ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus einer Migräne vorbeugen.
Auch Ausdauersport, Entspannungstechniken wie die progressive Muskelentspannung oder Biofeedback gehören zur empfohlenen Prophylaxe.
Wann stellt die Krankenkasse bei Migräne eine Haushaltshilfe?
Bei einem längeren Krankheitsausfall, der durch Migräne verursacht wird (beispielsweise wegen eines Krankenhaus- oder Reha-Klinikaufenthalts) kommt eine Haushaltshilfe in Betracht. Sie übernimmt alle notwendigen Aufgaben, die im Haushalt anfallen. Dazu zählen zum Bespiel Kochen, Putzen, Wäsche waschen, Einkaufen und die Kinderbetreuung.
In der Regel stellt die gesetzliche Krankenkasse eine Haushaltshilfe. Darüber hinaus können anfallende Kosten von der Unfall- oder Rentenversicherung übernommen werden. Bei Geringverdienenden oder Nichtversicherten ist die Haushaltshilfe auch eine Leistung der Sozialhilfe.
Die Krankenkasse übernimmt bei Migräne die Haushaltshilfe, wenn
- du wegen einer Krankenhausbehandlung oder eines Reha-Aufenthalts deinen Haushalt nicht allein führen kannst und
- mindestens ein im Haushalt lebendes Kind noch nicht zwölf Jahre alt ist oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist (etwa bei Ernährung, Körperpflege und seelischer Betreuung) und
- keiner in der Familie den Haushalt allein weiterführen kann (Eltern, Partner oder Kinder), ohne sich von Berufstätigkeit, Berufs- oder Schulausbildung beurlauben zu lassen.
Wenn du eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen willst, ist es ratsam, sich vorab von der Krankenkasse beraten zu lassen. Welche Kosten übernommen werden, hängt von den individuellen Satzungsleistungen der Krankenkasse ab. So kann es sein, dass die Möglichkeit zur Kostenübernahme einer Haushaltshilfe besteht, auch wenn das jüngste Kind schon älter als zwölf ist und in Einzelfällen sogar, wenn die Kinder schon ausgezogen sind und nicht mehr im Haushalt leben. Bei gesundheitlichen Problemen in der Schwangerschaft kann der Arzt eine Haushaltshilfe verordnen, auch wenn noch kein weiteres Kind da ist.
Tipp: Der Antrag auf Haushaltshilfe wurde abgelehnt, aber es leben Kinder im Haushalt, deren Versorgung und Betreuung durch die Erkrankung der Mutter oder des Vaters nicht gewährleistet werden kann? Dann gibt es die Möglichkeit, einen Antrag auf ambulante Familienpflege beim Jugendamt zu stellen.
Familie und Migräne: Was beim Urlaub beachten?
Was für die meisten Familien die schönste Zeit des Jahres darstellt, ruft bei Menschen mit Migräne oft Sorge hervor: Eine Urlaubsreise führt zwangsläufig zu vielen Veränderungen, was Kopfschmerzen triggern kann. Damit es möglichst entspannt für alle wird, solltest du eine Reise gut vorbereiten. Vielleicht lassen sich schon ein bis zwei Tage vor Abfahrt Urlaub nehmen, um in Ruhe zu packen und alle nötigen Vorkehrungen zu treffen. Es lohnt sich auch, längere Fahrten nicht an Tage zu legen, an denen die Staugefahr besonders hoch ist, und regelmäßig Pause einzuplanen.
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Sex gegen Migräne?
Kann Sex tatsächlich Migräne-Beschwerden verbessern? Viele Betroffene sagen: Ja! Lies mehr zu den Hintergründen!
Sport und Bewegung tun bei Migräne gut
Regelmäßige Bewegung gilt als geeignete Möglichkeit, die Anzahl der Migräne-Attacken sowie deren Schmerzintensität zu senken. Vor allem Ausdauersport wird empfohlen, etwa Walking, Schwimmen oder Radfahren. Zusätzlich unterstützen entspannende Sportarten wie Yoga oder Thai-Chi Koordination, Fitness und Wohlbefinden. Was du noch über Sport mit Migräne wissen musst, erffährst du in unserem Artikel zum Thema.
Ernährung im Alltag bei Migräne
Rund um die Ernährung bei Migräne ranken sich einige Mythen: Kohlenhydrate essen oder lieber vom Speiseplan streichen? Bestimmte Lebensmittel meiden, dafür andere reichlich zu sich nehmen? Eines vorweg: Eine spezielle Migräne-Diät gibt es nicht. Dennoch lohnt es sich, sich mit dem Thema zu beschäftigen, denn eine vollwertige und ausgewogene Ernährung kann die Gesundheit stärken.
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