Migräne & Arbeit: Offen über die Erkrankung sprechen
„Der macht doch schon wieder blau“, „Migräne, ein super Vorwand für ein verlängertes Wochenende“, „Drückeberger“, „Mein Gott, ist der wehleidig, sind doch nur Kopfschmerzen“ – Kommentare aus dem Arbeitsumfeld, auf die Migränepatienten gut verzichten können. Möglicherweise kommen solche Aussagen zustande, weil ein generelles Unwissen über die schwerwiegende neurologische Erkrankung Migräne herrscht und es an transparenter Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Betroffenen und Kollegen oder Vorgesetzten mangelt. Ein offenes Gespräch kann helfen.
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Die Auswirkungen von Migräne auf die Volkswirtschaft
Zunächst ein paar Zahlen: Migräne hat massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die Volkswirtschaft. Durch die Krankheit fallen in Deutschlands jedes Jahr rund 547 Millionen Stunden bezahlter Arbeit aus – ein jährlicher volkswirtschaftlicher Verlust in Höhe von etwa 48,8 Milliarden Euro, das sind etwa 1,4 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung 2019. Zusätzlich gehen jährlich circa 675,8 Millionen Stunden an unbezahlter Arbeit durch Migräne verloren, was jährlich fast ein Prozent der insgesamt in Deutschland für unbezahlte Arbeit aufgewendeten Zeit bedeutet. Zwei Drittel der durch Migräne verlorenen bezahlten Stunden entfallen auf Frauen, die Verluste bei unbezahlter Arbeit verteilen sich zu drei Vierteln auf Frauen und zu einem Viertel auf Männer.
Migräneauslöser am Arbeitsplatz
Hast du gewusst, dass es auch einige Migräneauslöser (sogenannte Trigger) gibt, die im direkten Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen? Beispiele für solche Auslöser können sein:
- flackernde Bildschirme
- häufiger Kundenkontakt (große Belastung, da es durch das Kundenaufkommen zu hohem Arbeitsdruck kommt und Hektik sowie Stress entstehen können)
- Stress
- Gerüche (wie Parfüm oder Schweiß)
- Lärm und laute Geräusche (zum Beispiel im Großraumbüro oder in der Werkstatt)
- körperliche Anstrengung
Einige dieser Faktoren lassen sich sicher abstellen. Bitte deinen Vorgesetzten zum Beispiel darum, Trennwände im Großraumbüro aufzustellen, um die Geräuschkulisse aus klingelnden Telefonen, Gesprächen und surrenden Kopierern und Druckern zu verringern. Um etwas Abstand zur langen Bildschirmarbeit zu gewinnen, kann es helfen, mit bestimmten Übungen den Augen und der Muskulatur eine kurze Ruhepause zu gönnen. Manche Firmen laden sogar Trainer ein, die den Mitarbeitern zeigen, wie sie Körper und Geist für einen kurzen Moment am Arbeitsplatz entspannen können, um anschließend wieder leistungsfähiger zu sein.
Zu den Maßnahmen während der Covid-19-Pandemie gehörte auch die Corona-Arbeitsschutzverordnung, die eine Verpflichtung zum Homeoffice (wo möglich) enthielt. Die vielfach guten Erfahrungen mit dem Arbeiten von zuhause während der Pandemie hat zu einer größeren Akzeptanz dieser Arbeitsform geführt. Für Menschen mit Migräne bietet sie unter Umständen eine gute Möglichkeit, belastenden und auslösenden Faktoren am Arbeitsplatz auszuweichen. Sprich mit deinem Chef darüber, ob das Arbeiten im Homeoffice für dich in Frage kommt.
Mit Migräne arbeiten gehen
Wen eine akute Migräneattacke ereilt, der muss seine Arbeit meist für einige Stunden bis hin zu mehreren Tagen ruhen lassen.
Aus Angst vor Konsequenzen, wie einer Degradierung vom Chef, einer Abmahnung oder gar einer Kündigung, beschließen viele Menschen dennoch, mit Migräne arbeiten zu gehen. Und das, obwohl sie eigentlich nur eines bräuchten: Ruhe und einen abgedunkelten Raum, um sich während der Migräneattacke zurückzuziehen. Eines vorweg: Was das Arbeitsrecht betrifft, kann dir bei Migräne nicht so ohne Weiteres gekündigt werden. Doch die Erkrankung erfordert einen offenen Austausch mit dem Arbeitgeber. Außerdem sollte dir bei einer Krankschreibung kein Fehler unterlaufen.
Migräne: Such das offene Gespräch in der Arbeit
Migräne ist nichts, wofür man sich schämen oder weswegen man Schuldgefühle haben müsste. Sei daher selbstbewusst und lege frühzeitig die Karten auf den Tisch: Sprich deinen Vorgesetzten offen darauf an, dass du Migräniker bist, aber weißt, damit umzugehen. Sei es, weil du zum Beispiel Migränemedikamente hast, die dir helfen, oder du auch mit nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden gute Erfahrungen gemacht hast.
Mache klar, dass es nicht an fehlendem Verantwortungsgefühl oder mangelndem Interesse für deinen Job liegt, sondern dass die Migräne eine Erkrankung ist, die dich zwingt, während einer Attacke zu Hause zu bleiben. Für solch offene Worte werden die meisten Vorgesetzten Verständnis haben. Gemeinsam können auch Lösungen erarbeitet werden, die es leichter machen, mit Migräneattacken am Arbeitsplatz umzugehen, zum Beispiel flexible Arbeitszeiten.
Vielleicht hilft es auch, sich den Zusammenhang zwischen Arbeitsrecht und Migräne immer wieder ins Gedächtnis zu rufen: Wer als verlässlicher und kompetenter Arbeitnehmer gilt und das, was er in der Arbeit tut, gut macht, dem kann wegen der Migräne allein nicht gekündigt werden.
Und was, wenn man dich und deine Situation partout nicht verstehen will?
Es gibt Leute, für die du auch bei der sachlichsten Argumentation der „Drückeberger“ bleiben werden. Versuche, diese Gegenreaktionen einfach abprallen zu lassen. Deinen Unmut oder Frust darüber abzuladen, wirkt in diesen Fällen kontraproduktiv. Lass dich auf deinem Weg, mit Migräne in der Arbeit umzugehen, nicht beirren.
Gehe gegenüber Kollegen und Vorgesetzten nicht zu sehr ins Detail, was die Einzelheiten deiner Erkrankung betrifft, sondern konzentriere dich darauf, auf dich und deine Gesundheit Acht zu geben. Schleppe dich nicht auf Biegen und Brechen zum Arbeitsplatz, versuche stattdessen – wenn die räumlichen Möglichkeiten gegeben sind – sich bei einer akuten Migräneattacke während der Arbeitszeit in einen separaten, abdunkelbaren Raum zurückzuziehen.
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