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Pflanzliche Prophylaxe: Können Mutterkraut, Pestwurz, Ingwer und Curcuma Migräne vorbeugen?

Sind bestimmte Pflanzenarten wie Mutterkraut, Pestwurz, Ingwer und Curcuma (auch: Kurkuma) geeignet, die Häufigkeit und Intensität von Migräne-Attacken zu reduzieren? Diese und ähnliche Fragen stellen sich insbesondere Patienten, die keine normalen Medikamente nehmen wollen oder sie schlecht vertragen. In diesem Beitrag erfährst du mehr über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Phytoprophylaxe, der Migränevorbeugung mit pflanzlichen Mitteln.

Inhalt 

Eine Person in einem weißen Kittel hält ein Glasröhrchen mit einer braunen Flüssigkeit.
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Mutterkraut gegen Migräne: Wie wirksam ist die „falsche Kamille“ in der Vorbeugung?

Das Mutterkraut gehört wie die Kamille zur Familie der Korbblütler und ähnelt ihr optisch sehr.1 Deshalb wird das Mutterkraut auch als „falsche Kamille“ bezeichnet.2 Dem Ruf des Mutterkrauts als Heilpflanze hat diese Bezeichnung nicht geschadet: Bereits seit vielen Jahrhunderten wird es zur Linderung von Kopfschmerzen und Fieber eingesetzt – deswegen auch die Alternativbezeichnung Fieberkraut. Bei Beschwerden wie Bauch- und Zahnschmerzen findet Mutterkraut ebenfalls Verwendung.3,4

Aber wie steht es um die Bewertung des Mutterkrauts als pflanzliches Mittel zur Migränevorbeugung? Wissenschaftliche Untersuchungen konnten dem Mutterkraut eine schmerzlindernde und antientzündliche Wirkung bestätigen, das gilt vor allem für den Inhaltsstoff Parthenolid.3,4 Eine 2004 durchgeführte und 2015 aktualisierte Analyse mehrerer Studien deutet zudem darauf hin, dass das Mutterkraut auch in der Migränevorbeugung eine gewisse Wirksamkeit besitzt. Jedoch ist der bislang nachgewiesene Effekt verglichen mit einem wirkungslosen Scheinarzneimittel (Placebo) als gering einzustufen. Deshalb haben die Autorinnen und Autoren der Analyse die Notwendigkeit weiterer Studien betont, bevor zur Wirksamkeit des Mutterkrauts in der Migräneprophylaxe eine aussagekräftigere Bewertung möglich ist.4,5 

Wichtig zu wissen

In der eben genannten Analyse mehrerer Studien wurden keine ernsthaften Nebenwirkungen bei der Einnahme von Mutterkraut als Migränevorbeugung festgestellt. Jedoch wird Mutterkraut in der dort untersuchten Form in Deutschland nicht vertrieben.6 In Deutschland ist Mutterkraut vor allem in Form von (kombinierten) Nahrungsergänzungsmitteln und Tees erhältlich, nicht aber als pflanzliches Arzneimittel – lediglich in Form homöopathischer Mittel.7

Pestwurz gegen Migräne: Einschüchternder Name, effektive Migräneprophylaxe?

Pestwurz – das klingt erst einmal gefährlich. Und tatsächlich sind in der Pflanze sogenannte Pyrrolizidinalkaloide nachweisbar, die als potenziell leberschädigend eingestuft werden. In den für die medizinische Anwendung hergestellten Pestwurz-Spezialextrakten sind aber keine Pyrrolizidinalkaloide mehr nachweisbar.In Deutschland ist derzeit aber kein Arzneimittel in Form eines Pestwurz-Extrakts erhältlich, nur in Form homöopathischer Mittel.6,7

Laut der ärztlichen Leitlinie zur Therapie und Prophylaxe der Migräne kam es in der Vergangenheit bei der Gabe von Pestwurz „in extrem seltenen Fällen“ zu schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen. Es wird darin aber nicht näher darauf eingegangen, auf welche Form von Pestwurz-Zubereitung oder -Extrakt sich diese Aussage bezieht.Ein Bericht der Deutschen Apotheker Zeitung geht näher auf Verdachtsfälle ein, die außerhalb von Studien auftraten: Dabei ging es um Fälle, bei denen zeitgleich mit der Einnahme eines bestimmten Pestwurz-Spezialextraktes Leberentzündungen diagnostiziert wurden.8 

Wichtig zu wissen

In der ärztlichen Leitlinie heißt es auch, dass für ein Pestwurz-Extrakt die Wirksamkeit in der Vorbeugung der Migräne in zwei Studien belegt worden ist.6 Somit steht hier der nachgewiesenen Wirksamkeit von Pestwurz in der Migräneprophylaxe ein mögliches Risiko für Leberentzündungen gegenüber. Wie hoch dieses Risiko ist und bei welchen Pestwurz-Zubereitungen es möglicherweise besteht, ist von der medizinischen Forschung noch nicht abschließend geklärt

Ingwer gegen Migräne: Mit Schärfe vorbeugen?

In Europa vor allem als scharfes Küchengewürz und als Basis für aromatische Teezubereitungen bekannt, ist der Ingwer in Asien eine seit Jahrtausenden bekannte Heilpflanze. In Mitteleuropa waren es insbesondere die Äbtissin Hildegard von Bingen und der Arzt Paracelsus, die dem Ingwer zu seinem anhaltend guten Ruf insbesondere in der Linderung von Magen-Darm-Beschwerden verhalfen.9

Zwei Männer-Hände sind aneinander gelegt und halten mehrere Ingwerknollen
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Ob Ingwer allerdings gegen Migräne wirkt, also konkret in der Vorbeugung von Migräne-Attacken und/oder in der Behandlung akuter Migräne-Attacken einem wirkungslosen Scheinmedikament (Placebo) überlegen ist, kann die medizinische Forschung bislang nicht gesichert beantworten. 

Es gibt eine brasilianische Studie, in der 107 Migränebetroffene in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Eine Gruppe erhielt dreimal täglich ein Ingwer-Extrakt in Kapselform, die andere Gruppe das wirkungslose Scheinpräparat. Die Studie kam zum Ergebnis, dass Ingwer keine Vorteile in der Migräneprophylaxe gegenüber dem Placebo bot.10 Aber für eine gesicherte wissenschaftliche Einschätzung reicht der jetzige Forschungsstand noch nicht aus.

Wichtig zu wissen

Vom Ingwer werden die unterirdisch wachsenden knolligen Triebe genutzt, die als Rhizom bezeichnet werden. Die Inhaltsstoffe des Ingwers werden traditionell als krampflösend, entzündungshemmend und schmerzstillend beschrieben.9 Deshalb wenden manche Personen mit Migräne Ingwer-Zubereitungen bei akuten Migräneanfällen als Hausmittel an. Ob Ingwer gegen akute Migräne helfen kann, ist noch nicht ausreichend erforscht und beantwortet. Gleiches gilt für die Frage nach der Wirksamkeit in der Migränevorbeugung.

Curcuma gegen Migräne: Mit Curcumin Migräne-Attacken reduzieren?

Ob Curcuma oder Kurkuma – die optisch dem Ingwer ähnliche, aber im Inneren sehr intensiv gelblich gefärbte Knolle kennt beide Schreibweisen. Für eine mögliche Wirkung von Curcuma gegen Migräne und hier vor allem in der Migränevorbeugung untersuchen Forschende den Inhaltsstoff Curcumin. Eine Analyse experimenteller und klinischer Studien zu bestimmten Curcumin-Formen kam zu dem Zwischenfazit, dass Curcumin ein „vielversprechender Kandidat in der Vorbeugung und Kontrolle der Migräne“ sei – unter anderem wegen seiner antientzündlichen und schmerzlindernden Eigenschaften. Für weitere wissenschaftliche Erkenntnisse und Aussagen seien aber noch weitere Studien nötig.11

Wichtig zu wissen

Wie beim Ingwer werden bei Curcuma (oder Kurkuma) die Knollen als Gewürz beziehungsweise für die Anwendung als Heilpflanze genutzt. Auch hier gilt: Ob Curcuma gegen akute Migräne helfen kann, ist noch nicht ausreichend erforscht und beantwortet – und ebenso die Frage nach der Wirksamkeit in der Migränevorbeugung.

Fazit: Weitere Studien zur Erforschung der Phytoprophylaxe bei Migräne nötig

Wie kann der Forschungsstand der Migräneprophylaxe mit pflanzlichen Mitteln zusammengefasst werden? Während für Pestwurz bei Migräne und Mutterkraut bei Migräne wissenschaftliche Studien vorliegen, die zumindest auf eine gewisse vorbeugende Wirkung hindeuten, gibt es für Ingwer gegen Migräne und Curcuma gegen Migräne bislang keine vergleichbaren Erkenntnisse. In der geltenden ärztlichen Leitlinie zur Therapie und Prophylaxe der Migräne werden daher als pflanzliche Optionen nur Pestwurz und Mutterkraut zur Migränevorbeugung erwähnt. Beide stehen als pflanzliche Arzneimittel in Deutschland derzeit jedoch nicht zur Verfügung.6

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Quellen

1 FloraWeb des Bundesamts für Naturschutz: Tanacetum parthenium (L.) Sch. Bip., Mutterkraut. Abgerufen unter: https://www.floraweb.de/php/artenhome.php?suchnr=5845 (Stand 13.11.2023).

2 Koppold A.: Wie eine umsorgende Mutter. Abgerufen unter: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1329-2611 (Stand 13.11.2023).

3 Deutsche Apotheker Zeitung: Migräne – ist dagegen ein Kraut gewachsen? Abgerufen unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2017/daz-17-2017/migraene-ist-dagegen-ein-kraut-gewachsen (Stand 13.11.2023)

4 Pareek A., Suthar M. et al. (2011) Feverfew (Tanacetum parthenium L.): A systematic review. Pharmacogn Rev. 5(9):103-10. 

5 Wider B. et al.: Feverfew for preventing migraine. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Apr; 2015(4). doi: 10.1002/14651858.CD002286.pub3

Diener H.-C., Förderreuther S, Kropp P. et al.: Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, DGN und DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Abgerufen unter https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-057l_S1_Therapie-der-Migraeneattacke-Prophylaxe-der-Migraene_2023-01.pdf(Stand 13.11.2023)

7 Stiftung Gesundheitswissen: Pflanzliche Arzneimittel: Nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen. Abgerufen unter: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/kompetenz-gesundheit/pflanzliche-arzneimittel-nicht-ohne-risiken-und-nebenwirkungen (Stand 13.11.2023).

8 Deutsche Apotheker Zeitung: Migräneprophylaxe mit Pestwurz-Extrakt. Abgerufen unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2005/daz-11-2005/uid-13627 (Stand 13.11.2023)

9 Pharmazeutische Zeitung: Ingwer wird Heilpflanze des Jahres 2018. Abgerufen unter: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/2017-06/ingwer-wird-heilpflanze-des-jahres-2018/ (Stand 13.11.2023)

10 Martins L.B., Rodrigues A.M. dos S., Monteze N.M., et al. (2020) Double-blind placebo-controlled randomized clinical trial of ginger (Zingiber officinale Rosc.) in the prophylactic treatment of migraine. Cephalalgia. 40(1):88-95. doi:10.1177/0333102419869319

11 Heidari H., Shojaei M. et al. (2023) The impact of curcumin on migraine: A comprehensive review, Biomedicine & Pharmacotherapy, Volume 164, https://doi.org/10.1016/j.biopha.2023.114910.