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Ist Migräne vererbbar? Was die Genforschung dazu sagt

Migräne ist eine neurovaskuläre Erkrankung mit einer starken genetischen Komponente, wie es in der Medizinersprache heißt.1 Bei der Migräne kommt es zu Veränderungen an Gefäßen und Nerven im Gehirn, die zu für Migräne typischen Schmerzen und Begleiterscheinungen führen. Inzwischen gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass diese Veränderungen und damit auch die Migräne zu einem Gutteil genetisch bedingt sind, und eine Veranlagung für Migräne tatsächlich vererbbar ist. In den letzten Jahren hat die Genforschung große Fortschritte darin gemacht, zu entschlüsseln, welche genetischen Faktoren zur Entstehung der Migräne beitragen. Mehr dazu erfährst du hier.

Eine aneinandergereihte Collage aus Bildern von Menschen, die bei geschlossenen Augen die Hände an die Schläfen halten.
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Migräne ist vererbbar: Nachweis einer mitverantwortlichen Genvariante auf Chromosom 8

2010 schrieb der Informationsdienst der Gemeinschaft für Forschung und Entwicklung CORDIS der Europäischen Kommission: „Ein internationales Konsortium aus Genetikern und Migräne-Forschern entdeckte eine Genvariante als mögliche Ursache für die gewöhnliche Form von Migräne.“2 

Ganz so einfach, wie es dieser Wortlaut vermuten lässt, ist es nicht. Zwar konnte das im Zitat erwähnte Forscherteam des International Headache Genetics Consortium IHGC 2010 tatsächlich eine Genvariante entlarven, die an der Entstehung von Migräne beteiligt ist. Doch stellt, wie man inzwischen nachweisen konnte, diese Genvariante mit der Bezeichnung rs1835740 nur eine von mehreren dar, die an der Entstehung von Migräne mitwirken (gemeint sind hier die häufigsten Migräne-Formen Migräne mit Aura und Migräne ohne Aura)3.

Hintergrund: Der Aufwand, der Genvariante rs1835740 auf die Spur zu kommen, war enorm: Wissenschaftler aus 40 europäischen Forschungseinrichtungen verglichen in zwei Studienphasen das Erbgut (Genom) von fast 6.000 Migräne-Patienten mit dem von über 50.000 Menschen, die nicht von Migräne betroffen waren.4

Die gefundene Genvariante rs1835740 befindet sich auf Chromosom 8. Dem Forscherteam zufolge soll diese Genvariante, die bei Migräne-Patienten vorkommt, verhindern, dass Glutamat – ein essenzieller Nervenbotenstoff im Gehirn, der bei der Übertragung von Signalen zwischen Nervenzellen hilft – ausreichend abgebaut wird. Die Folge sei, dass sich im Gehirn Glutamat ansammelt. Und das könne Migräne-Anfälle auslösen, so die Forscher.2 

Migräne ist vererbbar: 2012 waren schon sieben genetische Faktoren bekannt

Dass Migräne zu einem Gutteil vererblich ist, untermauerten weitere Erkenntnisse der Genforschung. Nur zwei Jahre nach der oben genannten Vergleichsstudie mit der Entdeckung der Genvariante rs1835740 hatte dasselbe internationale Forscherteam bereits einige weitere Genvarianten entschlüsselt, die nachweislich zur Entstehung von Migräne beitragen.5,6 

Eine Frau hält eine jüngere Frau im Arm, die sich die Hand auf die Schläfe legt.
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2016 veröffentlichten die Wissenschaftler des IHGC die Ergebnisse einer riesigen Studie, die genetische Daten von 35.000 Migräne-Patienten einschloss: Dabei wurden insgesamt 38 unabhängige Genorte (sogenannte Genloci) identifiziert, die mit der Migräne-Entstehung zu tun haben.7

Das Ziel heute: Migräne besser erkennen und behandeln

Keiner der so entdeckten genetischen Faktoren ist offenbar für sich alleine für die Entstehung der Migräne mit Aura oder der Migräne ohne Aura verantwortlich. Vielmehr gilt es als gesichert, dass jeder der entdeckten genetischen Faktoren und wohl auch alle weiteren, die noch entdeckt werden, als wertvolle Mosaiksteine bei der Antwort auf die Frage helfen: Zu welchem Grad ist Migräne vererbbar? 

Eine allgemeingültige Antwort ist aber nicht in Sicht. Dafür erscheinen die genetischen Faktoren und alle weiteren Einflussfaktoren für die Entstehung der Migräne von Mensch zu Mensch zu individuell. Die Erforschung der genetischen Ursachen kann aber dazu beitragen, dass bei Migräne-Betroffenen die individuellen Ursachen künftig besser erkannt und auf dieser Basis die jeweilige Migräne-Therapie optimiert werden kann.8

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Quellen:

1 Sutherland H.G., Albury C.L., Griffiths L.R: Advances in genetics of migraine. J Headache Pain. 2019 Jun 21;20(1):72. doi: 10.1186/s10194-019-1017-9

2 CORDIS: Und es sind doch die Gene! Risikofaktoren für gewöhnliche Migräne entdeckt. Abgerufen unter https://cordis.europa.eu/article/id/32465-its-genetic-first-link-to-the-common-migraine-discovered/de (letzter Aufruf am 04.11.2024)

3 IHS Classification ICHD-II: Migräne . Abgerufen unter: https://ichd-3.org/de/1-migrane (letzter Aufruf am 04.11.2024)

The International Headache Genetics Consortium: Genome-wide association study of migraine implicates a common susceptibility variant on 8q22.1. Nat Genet 42, 869–873 (2010). doi: 10.1038/ng.652

5 The International Headache Genetics Consortium: Genome-wide association analysis identifies susceptibility loci for migraine without aura. Nat Genet. 2012 Jun 10;44(7):777-82. doi: 10.1038/ng.2307

6 Schmerzklinik Kiel: Vier neue Gene für häufigste Migräneform entschlüsselt. Abgerufen unter https://schmerzklinik.de/neue-migraene-gene-entschluesselt/ (letzter Aufruf am 04.11.2024)

7 Gormley P., Anttila V., Winsvold B. et al. Meta-analysis of 375,000 individuals identifies 38 susceptibility loci for migraine. Nat Genet 48, 856–866 (2016). doi: 10.1038/ng.3598

8 Bundesministerium für Bildung und Forschung: Das Risiko-Quartett - Vier genetische Faktoren für Migräne gefunden. Abgerufen unter https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/das-risiko-quartett-vier-genetische-faktoren-fur-migrane-gefunden-3289.php (letzter Aufruf am 04.11.2024).